Musil: Die Verwirrungen des Zöglings Törleß – Analysen

Als Text des Romans „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ wird hier die Ausgabe rororo 10300 benutzt (55. Aufl., 2006, mit Seiten/Zeilen-Zählung). Falls der Roman abschnittweise gelesen werden soll, kann man bei S. 49, S. 93, S. 153 einen Einschnitt machen.

1. Das Motto
Die vier dem Roman als Motto vorangestellten Sätze stammen von Maurice Maeterlinck, der als Repräsentant der literarischen Strömung des Symbolismus gilt.
Als für das Motto verantwortlich sehe ich den Autor Musil, nicht den Ich-Erzähler an. In welchem Sinn das Motto mit dem Roman zusammenhängt, ist durch das bloße Zitieren nicht erwiesen; es könnte das erzählte Geschehen in seiner Bedeutung erschließen, es könnte aber auch als Zitat des Zeitgeistes ein Verständnis des Sprechens darstellen, welches im Geschehen überwunden wird. Am Ende der Erzählung kann man noch einmal fragen, was das Motto wohl leisten soll.

Im ersten Nebensatz des Mottos („Wenn wir etwas aussprechen“) wird die Handlung benannt, die anschließend direkt und dann bildhaft bewertet wird: „entwerten wir es seltsam“. Was dieses „etwas“ ist, wird jedoch nicht gesagt, sodass sich die Frage ergibt: Was ist dieses „etwas“, welches durch Aussprechen entwertet wird? Damit wird ja nicht die Tatsache gemeint sein, dass ich im Augenblick am Schreibtisch sitze; die brauche ich auch gar nicht auszusprechen, wenn mich niemand fragt. Es muss also etwas anderes sein, das durch Aussprechen (angeblich) entwertet wird: vielleicht das Innere, vielleicht das in der Seele Geahnte oder Gefühlte?
Man könnte diese Frage offen lassen, man könnte auch versuchen, sie durch ein Studium der Werke Maeterlincks vor 1906 (Erscheinungsjahr des „Törleß“) oder des Symbolismus andeutungsweise zu beantworten

Links zu Maeterlinck:

http://www.theatrehistory.com/misc/maeterlinck002.html(M. und der Symbolismus)

https://en.wikipedia.org/wiki/Maurice_Maeterlinck (Es gibt kaum vernünftige deutsche Texte zu Maeterlink im Netz.)

http://www.gleichsatz.de/b-u-t/221149/esch2d.html (zur Überwindung der Sprachkrise)

http://www.textlog.de/18960.html (Mauthner über Maeterlink)

Links zum Symbolismus:
http://de.wikipedia.org/wiki/Symbolismus_%28Literatur%29

http://www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_8836.html (Malerei)
http://www.nthuleen.com/papers/940Breferat.html (Aufsatz über Symbol und Symbolismus)
http://www.ned.univie.ac.at/ (eine große Seite: LIC, Literatur im Kontext, zur Jahrhundertwende – viele Aspekte! – jetzt nur noch über Anmeldung)

https://de.wikipedia.org/wiki/Symbolismus_(Bildende_Kunst) (Bildende Kunst)

http://www.uni-due.de/lyriktheorie/texte/1892_2bahr.html (H. Bahr über Symbolismus, 1892)
Hintergrundwissen bietet auch Spörls Aufsatz über den Weg von Nietzsche zum Symbolismus (über Sprachnot und Poesie): http://www.erlangerliste.de/ede/skepsis.pdf

Die im Aussprechen erfolgende Entwertung des Auszusprechenden (oder des Unaussprechlichen?) wird von Maeterlinck in drei Bildern umschrieben: in der Differenz von Tiefe (der Abgründe) und Oberfläche, von Meer und Tropfen (am bleichen Finger), von wunderbaren Schätzen einer Schatzgrube und falschen Steinen oder Glasscherben; „und trotzdem schimmert der Schatz im Finstern unverändert.“
Das Aussprechen ist mit einem Irrtum verbunden, der mit den Verben „glauben“ (mit folgender Sicht eines anderen) und „wähnen“ bezeichnet wird. Aber das, was sich im Tageslicht zeigt, ist nicht das Letzte, was zu sehen ist; Maeterlinck verweist von dem in Worten festgehaltenen Schatz zurück auf den Schatz, der auch jetzt noch „im Finstern unverändert“ schimmert. – Der Schatz in der Tiefe kann also nicht angemessen in Worten festgehalten werden; das ist die Botschaft des Mottos. Wo allerdings „die Tiefe“ ist, bleibt offen.

Links zu „das Unsagbare / das Unaussprechliche“:

http://www.text-und-zeit.de/lit/litku001.html (U. Greiner)
http://www.textlog.de/37900.html (Definitionen)
http://www.text-pool.de/WebCK212.htm (zu Levinas)
http://www.engeler.de/offeneraeume.html (J. Theobaldy über Dichtung und das Aussagbare)
http://www.die-grenze.com/foucault_sade.html (Sex, Gewalt, Verlangen; weitere Links!)
http://www.kultur-punkt.ch/akademie4/diskurs/mythisches-mystisches04-11.htm (das Mystische bei Platon)

http://www2.hu-berlin.de/sexology/BIB/herzer02.htm (über Hirschfeld)

http://www.tu-harburg.de/rzt/rzt/it/witt/section3_1.html (über Wittgenstein)

http://sammelpunkt.philo.at:8080/archive/00000387/01/07-1-94.TXT (zu L. Wittgenstein: Über Gewissheit)
http://norberto42-1.blog.de/?tag=unaussprechliches

http://www.erich-fromm.de/data/pdf/1978b-d.pdf (Fromms Ideologie)

http://www.unibe.ch/unipressarchiv/heft118/beitrag04.html (religiöse Ideologie)

Aufgabe: das Ende der Erzählung „Hasenkatastrophe“ mit dem Motto vergleichen

2. Übersicht über die ersten 8 Abschnitte

[Der Roman ist in Abschnitte eingeteilt, die jetzt durch eine Leerzeile markiert werden; in der Ausgabe rororo 300 waren sie durch eine gestrichelte Linie (—) abgetrennt – das war insofern klarer, als dann keine Leerzeilen bei Beginn einer neuen Seite (wie jetzt S. 15 oben) verloren gehen konnten.]
1. Der Erzähler beschreibt die eher trostlose Situation auf dem Bahnhof (in W.) und erklärt die Bedeutung des Konvikts, S. 7 – S. 9, Z. 7 („S. 9, Z. 7“ wird von jetzt an 9/7 abgekürzt).
2. Der Erzähler berichtet den ersten Teil der Vorgeschichte, die vier Jahre zuvor begonnen hat: Im Schreiben an die Eltern hat sich eine tiefe Sehnsucht des Zöglings Törleß gezeigt, die jedoch wieder versiegt ist; der Ich-Erzähler, der sich als allwissend präsentiert (10/12 ff.), erklärt diese Sehnsucht und ihr Versiegen als Symptom einer bestimmten seelischen Entwicklung (12/8) und bewertet sie als einen misslungenen Versuch, die Kräfte des eigenen Inneren zu entfalten (12/11 ff.). / Ende des 1. Abschnitts
3. Der Erzähler berichtet von einer darauf folgenden Übergangszeit, in der Törleß vergeblich versucht, eine Stütze zu finden; er greift andeutungsweise auf die spätere Entwicklung Törleß‘ vor (12/19-21). Als eine charakteristische Episode dieser Zeit berichtet er, wie Törleß durch den Fürsten H. fasziniert wurde und wie diese Beziehung endete (12/ 19 ff.). / 2. und 3. Abschnitt
4. Es wird berichtet, wie Törleß neue Freundschaften mit wilden, üblen Jungen schließt (mit Beineberg u.a.); die Burschen sind Gegenfiguren zum Fürsten H. (17/7-15); der Erzähler erklärt, dass die Geschlechtsreife sich so bei Törleß ankündigt (15/1 ff.). Er erklärt die Bedeutung der Literatur, jungen Menschen „über den gefährlich weichen seelischen Boden dieser Jahre“ hinwegzuhelfen (15/33 f.), und berichtet dann vom „kleinen“ Törleß als Leser und Schreiber (16/16 ff.). – In dieser Situation, zwischen Literatur und seinen wilden Freunden, erhält Törleß‘ Wesen „etwas Unbestimmtes“, so erklärt der Erzähler, „eine innere Weichheit, die ihn nicht zu sich selber finden ließ“ (17/25 f.). / 4. Abschnitt
5. Es wird (im Anschluss an S. 7 f.) berichtet, wie Törleß‘ Eltern sich verabschieden und ihren Sohn Beineberg anvertrauen (18/25 ff.). / 5. Abschnitt
6. Es wird erzählt, wie die jungen Leute den Weg zum Konvikt antreten und wie Törleß dem ereignislosen Leben im Konvikt entgegensieht (19/33 ff.). / 6. Abschnitt
7. Der Erzähler berichtet, wie die Burschen auf dem Heimweg Bauernweiber betatschen und wie Törleß dabei nicht mitmacht, aber doch „auf irgend etwas von fürchterlicher, tierischer Sinnlichkeit“ (22/34 f.) wartet (21/21 ff.); „die Worte sagten es nicht“ (23/8). / 7. Abschnitt
8. Der Erzähler berichtet, wie Reiting auf Törleß‘ Aussehen spöttisch reagiert und Törleß nur mit Beineberg in der Stadt bleibt (23/17-29). / 8. Abschnitt
In einen Zeitraum von vielleicht ein bis zwei Stunden (Abschied der Eltern, Heimkehr der Zöglinge) ist die Vorgeschichte des Geschehens, von dem nun berichtet wird, eingeschoben und sind vom Erzähler einige Marken gesetzt, welche das künftige Geschehen als krisenhafte Reifung des Zöglings Törleß verstehen lassen.
Dass der Ich-Erzähler (10/16) Törleß‘ Werdegang überblickt und einzelne Ereignisse in diesen erklärend und wertend einordnen kann, wurde bereits festgehalten. Er schiebt aber auch Wertungen in seine Beschreibungen ein (verdurstete, erdrosselte Blätter 7/25 f.), bewertet die Fröhlichkeit der Gruppe mit einem Vergleich (8/16 f.) als unecht (8/15); er kennt Frau Törleß‘ Stimmung (8/21 ff.) und die Motive der Eltern Törleß (9/8-16), kennt vor allem des Zöglings Törleß Innenleben genau (9/12 ff.), besser als dieser selbst (10/12 ff.), und seine Ambivalenzen (17/32 – 18/2; 18/3 ff.). Der Erzähler spricht oft bildhaft, sei es in Vergleichen (10/21 f.; 10/33 f. und 14/2), sei es in Metaphern (7/26; 10/27 f.).
Vielleicht sollte man noch auf eine Stelle hinweisen, in der das Motto anzuklingen scheint (13/13 ff.): Im Umgang mit dem Fürsten H. beginnt Törleß zu begreifen, was einen Menschen im Unterschied zum bloß Greif- und Besprechbaren ausmacht, das bewegte und kaum greifbare Seelisch-Menschliche.

Aufgaben:
1. Untersuchen, als was für ein Mensch Törleß zu Beginn des erzählten Geschehens erscheint (S. 15 – 23);
2. wegen der thematischen Bedeutung sollte der 7. Abschnitt genau analysiert werden (21/21 – 23/16).

3. Mit Beineberg unterwegs
Die nächsten Stunden des Tages, an dem Törleß‘ Eltern abgefahren sind, verbringt dieser mit Beineberg, zunächst in der Konditorei, dann bei Bozena (S. 23 – 49); den ersten Teil nutzt der Erzähler, um Törleß gegen Beineberg abzugrenzen.
Damit hat er schon vorher begonnen, als er die Begegnung mit dem Fürsten H. der neuen Freundschaft mit den wilden Burschen gegenübergestellt hat (S. 12 ff., vgl. 17/7-15); besonders in seinen Erklärungen und und Kommentaren zu den Schreibversuchen des Zöglings Törleß (16/24 ff.) wird eine erste deutliche Abgrenzung der Charaktere vorgenommen (17/7 ff.): Törleß ist „zu geistig angelegt“ (17/20), um ganz zu den animalisch wilden Kerlen gehören zu können; anderseits macht ihn das Leben unter den Bedingungen des Konvikts kritisch gegen „die Lächerlichkeit solcher erborgter Sentiments“ der Literatur (17/21 ff.).
In der Erzählung vom Besuch der Konditorei wendet sich der Erzähler dem Verhältnis Törleß‘ speziell zu Beineberg zu (S. 23 ff.). Zunächst berichtet er kurz von Beinebergs Erzählungen von Indien (24/24 ff.), welche im Wesentlichen durch die Geschichte seines Vaters in ihrer Eigenart erklärt werden – bei Beineberg ist davon nur der Glaube geblieben, „sich mittels ungewöhnlicher seelischer Kräfte eine Herrschaft sichern zu können“ (26/24 f.). Törleß wird von Beinebergs Indien-Erzählungen nicht berührt (26/26 f.), sondern empfindet zunehmend Widerwillen gegen diesen.
Als Törleß dann Beineberg betrachtet, wird er von einer homoerotischen Anwandlung beunruhigt (27/6 ff.), welche Törleß selbst als zweiten Anfall sexueller Begierde an diesem Tag wahrnimmt (28/8 ff., vgl. 22/21 ff.). Trotz dieser Anwandlung steigt der Widerwille Törleß‘ gegen Beineberg an (28/17 ff.).
Das folgende Gespräch läuft auf Törleß‘ Erfahrung hinaus, dass in seinem Mund die Worte eine eigentümliche Kraft gewinnen (29/27 ff.), sodass er manchmal selber nicht weiß, „ob man lügt oder ob das, was man erfunden hat, wahrer ist als man selber“ (29/34 ff.). Diese Erfahrung des Intellekts ist Beineberg völlig fremd; ebenso unterscheiden sich die beiden in der Einschätzung des leeren Schulbetriebs (S. 29 f.).
Das letzte Thema ist dann Törleß‘ Erfahrung der Dunkelheit (31/6 ff.): Formen und Farben scheinen ihm „für Sekunden still zu stehen, den Atem anzuhalten“ (31/12 f.); Törleß berichtet dann eine Erinnerung an ein Kindheitserlebnis ähnlicher Art, das Schweigen der Bäume (31/16 ff.), was Beineberg mit seinen indischen Spekulationen aber nicht verstehen kann. Dann leitet der Erzähler mit einer großen Erklärung dazu über, dass Törleß die Spannung nicht aushält und in die Erfahrung der Einsamkeit fällt (32/13 ff.). Zuvor hat der Erzähler jedoch Törleß‘ Anspannung erklärt, die aus dem Versuch stamme, „mitten in noch unbeschriebene Beziehungen des Lebens zu blicken“; der Erzähler berichtet, dass Törleß fühlt, dass da etwas ist, was noch zu schwer für ihn ist – er ist noch seiner Entwicklung, ist in Verwirrungen befangen.
In der Erklärung der von Törleß im Dunkel erfahrenen Einsamkeit berichtet der Erzähler von dessen ambivalenter Einstellung dazu: Einmal habe sie den Reiz eines Weibes, aber er fürchte solche Vorstellungen auch (33/12 ff.). Der Erzähler schiebt dann einen Teil seiner Theorie der Entwicklung junger Menschen ein (33/25 ff.) und blickt anschließend auf Törleß‘ spätere seelische Entwicklung voraus (33/34 ff.), wo sich ein Talent des Staunens aus der Gleichzeitigkeit von Verstehen und Fremdheit ergeben wird; „vorläufig“ bleibe Törleß jedoch in seiner Einsamkeit (34/26 ff.).
Als Törleß und Beineberg aus der Konditorei aufbrechen, empfindet jener noch einmal Widerwillen gegen diesen; „er fühlte sich durch die Gemeinschaft mit ihm geschändet“ (35/11 f.).
Der Erzähler hat also von Törleß‘ Einschätzung seines Verhältnisses, und das heißt wesentlich von den Differenzen zu Beineberg berichtet, hat außerdem Törleß‘ Entwicklung selber kommentiert und den derzeitigen Zustand des Zöglings als einen Übergang deutlich gemacht (9. und 10. Abschnitt). Anschließend wird er vom Besuch der beiden Burschen bei der Dorfhure Bozena berichten (S. 35 ff.).

Aufgaben:
1. Des Erzählers Theorie von der Entwicklung Törleß‘ bzw. der Entwicklung junger Menschen darstellen; dazu seine Kommentare wie auch explizite Erklärungen berücksichtigen (zum Beispiel 10/13 ff.; 12/13-15; 15/22 ff.; 17/7 ff.; 17/20 ff.; 33/25 ff.; 33/34 ff.; 41/18 ff.; 46/34 ff.);
2. spätere Abgrenzungen Törleß‘ gegen Beineberg zum Vergleich heranziehen;
3. die Gleichung „Beineberg = Esoterik“ überprüfen, vgl. auch
http://www.esoteriksektor.de/

4. Das Motto des Romans und das Problem des Zöglings Törleß
Nach den ersten Andeutungen wird das Problem des Zöglings Törleß sichtbar, als er wieder im Konvikt ist und mit Basinis Vergehen konfrontiert wird (S. 49 ff.).
Nachdem Reiting den beiden Heimkehrern seine Entdeckung von Basinis Vergehen berichtet hat, macht man sich auf den Weg zum geheimnisvollen Raum (S. 51 ff.). Die Beschreibung des Raumes und der „politischen“ Ambitionen der Freunde dient dem Erzähler dazu, Törleß gegen diese abzugrenzen (54/9-16; 56/20 ff.): „Er fühlte, daß ihm alles, was er tat, nur ein Spiel war. Nur etwas, das ihm half, über die Zeit dieser Larvenexistenz im Institute hinwegzukommen.“ (57/13 ff.) „Er fühlte sich gewissermaßen zwischen zwei Welten zerrissen: Einer solid bürgerlichen, in der schließlich doch alles geregelt und vernünftig zuging, wie er es von zu Hause her gewohnt war, und einer abenteuerlichen, voll Dunkelheit, Geheimnis, Blut und ungeahnter Überraschungen.“ (57/24 ff.) – Das ist insgesamt der Zustand, in dem Törleß sich zur Zeit der Basini-Episode befindet.
Als Reiting dann erzählt hat, wie er hinter Basinis Vergehen gekommen ist (58/10 ff.), wird Törleß deutlich, was diese Entdeckung für ihn selbst bedeutet: Was sich ihm bei Bozena kurz als Selbstaufgabe aufgedrängt hatte (48/34 ff.), das ist Basini nun wirklich geschehen (64/17-24; ebenso 85/32 f., nachdem zuvor die anderen Erlebnisse diesem einen Schlüsselerlebnis zugeordnet worden sind). Es stellt sich ihm die Frage, wie der Übergang von der einen hellen zur dumpfen Welt möglich ist (64/31 ff. – vgl. das Bild von der Tür 33/3.6; 47/11 f. u.ö.): „Was geschieht in solchem Augenblicke? Was schießt da schreiend in die Höhe und was verlischt plötzlich?“ (65/10 ff.)
In einem Kommentar des Erzählers und in einem Fühlen des Zöglings Törleß wird nun diese Frage nach dem Übergang von der einen zur anderen Welt mit dem Motto des Romans verbunden. Der Erzähler kommentiert Törleß‘ Verwirrung und bringt sie mit der Verwirrung der ersten Liebesbegegnung in Beziehung (63/14 ff.): „Keinesfalls ist zu sagen, was in diesem Augenblicke geschieht. Es ist gleichsam der Schatten, den die Leidenschaft vorauswirft. Ein organischer Schatten; eine Lockerung aller früheren Spannung en und zugleich ein Zustand plötzlicher, neuer Gebundenheit…“ (63/21 ff.) Törleß sagt, Basini sei ein Dieb; doch dabei empfindet er, „daß er nur Uneigentliches vorzubringen habe, daß seine Worte ohne inneren Rückhalt seien und gar nicht seine wirkliche Meinung…“ (65/25 ff.). Der Übergang von der einen Welt zur anderen, die Beurteilung einer „Untat“ ist also gemäß dem Motto des Romans nicht in Worten zu fassen, wobei der Erzähler sich jedoch zweimal hinter dem, was man so sagt, verschanzt hat (63/14 ff.).
Kurz darauf empfindet Törleß noch einmal, dass er mit dem Wort „Dieb“ sich zwar Erleichterung verschafft, die ihn aufwühlenden Dinge vorerst von sich geschoben habe. „Aber die Fragen, die gleich darauf wieder auftauchten, vermochte dieses einfache Wort nicht zu lösen.“ (68/27 ff.) Die Begegnung mit Basinis Diebstahl hat etwas unumkehrbar gemacht und eine Frage aufgeworfen, die sich nur ihm allein stellt (69/12 ff.) – die Kameraden gehören anderen Welten an, auch Beineberg mit seinen indisch-mystischen Spekulationen (vgl. S. 82 ff.). Sogar der Brief der Eltern kann ihm nicht weiterhelfen (S. 72 f.).
Ein weiteres Erlebnis Törleß‘ zeigt die Bedeutung des Mottos, die Erfahrung des unendlichen Himmels im Park (S. 87 ff.). Als Törleß über das Wort „unendlich“ nachdenkt, kommt ihm dieses vor „wie ein gezähmter Begriff, mit dem er täglich seine kleinen Kunststückchen gemacht hatte und der nun plötzlich entfesselt war“ (88/28 ff.) Das Wort beunruhigt ihn; als etwas Vernichtendes „stand es nun lebendig über ihm und drohte und höhnte“ (89/1 f.). Auch an diese Schreckenserfahrung werden die früheren Erfahrungen angeschlossen (89/8 ff., vgl. 85/21 ff.); nun aber gewinnt der Schrecken eine neue Qualität (90/3 ff.). Das Doppelsinnige der Vorgänge und der Menschen erscheint ihm nun „als etwas, das durch die Kraft irgendwelcher Erfinder an ein harmloses, erklärendes Wort gefesselt war, und als etwas ganz fremdes, das jeden Augenblick sich davon loszureißen droht.“ (90/14 ff.). Törleß legt diese Differenz dann noch in dem Bild von äußerer Hülle und verborgenem Inneren aus (90/20 ff.). „Es war ein Versagen der Worte, das ihn da quälte, ein halbes Bewußtsein, daß die Worte nur zufällige Ausflüchte für das Empfundene waren.“ (92/2-4) Törleß fühlt sich bedroht – „das lebendige Schweigen umstand Törleß von allen Seiten“ (93/18 f.; vgl. die Erinnerung 31/17 ff.).
Deutlicher als an den gerade zitierten Stellen kann man nicht mehr sagen, dass im Motto des Romans das Problem des jungen Törleß formuliert ist, wie es sich ihm in dieser Phase des Geschehens (nach der Entdeckung von Basinis Diebstahl) stellt. Der Erzähler deutet in einem Kommentar jedoch schon eine Lösung des Problems an: „Und es gibt auch sonst Dinge, wo zwischen Erleben und Erfassen diese Unvergleichlichkeit herrscht. […] Und was groß und menschenfremd aussieht, solange unsere Worte von ferne danach langen, wird einfach und verliert das Beunruhigende, sobald es in den Tatkreis unseres Lebens eintritt.“ (91/16 ff.)

Aufgabe:
Untersuche, wie Törleß diese Erkenntnis des Erzählers selber nach mehreren scheiternden Anläufen findet:
– das Quälen Basinis (S. 93 ff.);
– die Entdeckung im Mathematikunterricht (S. 103 ff.);
– die Lektüre Kants (S. 113 ff.);
– die Träume und die Selbsterfahrung in der Sinnlichkeit (S. 119 ff.; 123/6 ff.);
– der Versuch einer schriftlichen Reflexion (S. 124 ff.);
– Törleß‘ Begegnung mit Basini (S. 134 ff.)
Nachdem Basini ihm mehrfach erklärt hat, dass dieser Übergang von der einen zur anderen Welt eigentlich nichts Besonderes ist (145/12 ff.;146/22 ff.; 148/17 ff.), wird dann die Erkenntnis des Erzählers von Törleß als sein eigener Gedanke formuliert (151/1 ff.) und dadurch, dass er dem Werben Basinis nachgibt (S. 152 f.), auch im Tun ratifiziert.

Peter Horn: Die Erzeugung der Fremde in der Stringenz der Logik (bereits genannt: http://prghorn.kilu2.de/books/Ivg%20Toerless.htm)
http://www.xs4all.nl/~jikje/Essay/Sileitsch.html (Wortproblematik bei Musil)
http://unendliches.net/ (Kompaktes Wörterbuch des Unendlichen)
www1.uni-hamburg.de/aww/segeberg_alles_relativ.pdf (Harro Segeberg: Die neue Physik und die Literatur des 20. Jahrhunderts)
http://www.thurnhofer.cc/index.php?option=com_content&task=view&id=224 (Törleß – ein Fall für die Psychoanalyse?)

Aufgabe: die Verwirrungen des Zöglings Törleß gegen die Probleme des Lord Chandos (Hugo von Hofmannsthal: Ein Brief, 1902) abgrenzen
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=1247&kapitel=1 (Text)
http://home.cc.umanitoba.ca/~divay/psg/hvh.html (erkenntnistheoret. Aspekte)
Idee: Nach der Heimfahrt schreibt Törleß einen Brief an Lord Chandos (Vorbild: http://www.litart.ch/chandos_klein.htm)

Aufgabe
: die Bedeutung der Motive des Schweigens, des Schattens und der Tür (Tor, Pforte) für das im Motto formulierte Problem und dessen Lösung untersuchen

Musils „Törleß“ ist zwischen 1902 und 1905 entstanden (nach dem Kommentar Adolf Frisés in Gesammelte Werke II, 1978, S. 1737), „Die Amsel“ im Januar 1928 veröffentlicht worden; die ersten, später verwendeten Skizzen dazu datieren ins Jahr 1914 (a.a.O., S. 1744). Insofern ist es nicht unproblematisch, ein Motiv der Erzählung beim „Törleß“ zum Vergleich heranzuziehen.
In „Die Amsel“ (in: Nachlass zu Lebzeiten, 1936) gibt es drei Geschichten ungewöhnlicher, das Übernatürliche streifender Erlebnisse: Eine Nachtigall, die in Wahrheit eine Amsel ist, ruft als Botin einer anderen Welt einen jungen Mann aus seinem bisherigen Leben heraus; ein Fliegerpfeil, also ein im 1. Weltkrieg aus einem Flugzeug als Waffe abgeworfener Metallstab, hätte beinahe den Erzähler getroffen – sein Klingen hat ihn jedenfalls persönlich angesprochen; die verstorbene Mutter kehrt als Amsel zurück und bleibt bei ihm.
Das Motiv der Sprache taucht in der Reflexion eines banalen Satzes über die Eltern auf: „Sie haben dir das Leben geschenkt.“ Im Kontrast zu den Erfahrungen, dass man sonst als Erwachsener alles kauft oder selbst schafft, geht dem Erzähler dieser Satz plötzlich nahe: „Ich glaube, dieser Satz barg einen Schatz von Unregelmäßigkeit und Unberechenbarkeit, den ich vergraben hatte.“
Am interessantesten ist vielleicht die Konstruktion der Erzählsituation: Ein Ich-Erzähler berichtet von zwei (ehemaligen) keineswegs religiösen Jugendfreunden, Aeins und Azwei; der letzte erzählt die drei Geschichten und erklärt dem Aeins: „Ich will dir meine Geschichten erzählen, um zu erfahren, ob sie wahr sind;“ aber wie soll Aeins das wissen? Zum Schluss betont Azwei, es habe sich alles so, wie er erzählt, ereignet; „und wenn ich den Sinn wüßte, so bräuchte ich dir wohl nicht erst zu erzählen. Aber es ist, wie wenn du flüstern hörst oder bloß rauschen, ohne das unterscheiden zu können.“

Aufgabe: das Motiv „Sprechen/Sprache“ in „Die Amsel“ mit Törleß‘ Frage vergleichen

Thomas Pekar
: Robert Musil zur Einführung (1997),
stellt den Roman unter die Problematik des Blicks (Augen, Blicke, das Sehen). Freud (Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie) unterscheide zwei Arten des Blicks, den vom Trieb geleiteten Blick auf einzelne Teile (Beine, Busen), welcher die Einheit des Subjekts gefährde, und den gezähmten Spiegel- oder Liebesblick, der das Ich konstituiere und narzisstisch bestätige (S. 36 f.). Pekar verweist auf
– den Blick in die Bauernküchen (22/17 ff.);
– den Blick in den Garten (24/11 ff.; 31/6);
– den Blick auf Beineberg (27/15 ff.);
– das Angeblicktwerden durch die Bäume (31/24);
– die geschlossenen Augen (63/11, mit dem Vergleich vom Anblick des Weibes 63/15);
– den Blick zum Himmel (92/25 ff.);
– die Erfahrung der Schönheit des nackten Körpers (139/31 ff.);
– die Lösung: doppelter Blick, Wechsel der Persepektive (196/17 ff.)
Die Verbindung dieser Blick-Problematik mit der vorher aufgezeigten Wort-Problematik findet man in der Situation, als Törleß in den Himmel blickt (S. 92 f.):
„Er hatte das Bedürfnis rastlos nach einer Brücke, einem Zusammenhange, einem Vergleich zu suchen – zwischen sich und dem, was wortlos vor seinem Geiste stand.“ (92/12-14) Die Worte versagen (92/2), er richtet die Augen auf den Himmel (92/25), er ist allein (92/30 ff.), das Schweigen umsteht ihn (93/10 ff.).

Aufgabe: Belege für das Motiv des Sehens (der Augen) suchen, seine Bedeutung für das Geschehen prüfen

Törleß – ein Entwicklungsroman
Dass „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ Verwirrungen in der Entwicklung eines ungewöhnlichen Jugendlichen sind, macht der Erzähler deutlich, ehe er von den dramatischen Ereignissen im Konvikt im Konvikt berichtet (ab S. 49).
Die Beschreibung der Abschiedssituation (S. 7 f.) unterbricht der Erzähler mit seiner Erklärung, warum Törleß in jenem Konvikt in W. erzogen wird (8/24 ff.); dann erzählt er, wie Törleß in dieses Konvikt gekommen ist (9, Zeile 8 ff. = 9/8 ff.). Törleß hat im Konvikt zunächst an fürchterlichem Heimweh gelitten (9/11 ff.); als diese Zeit des Heimwehs vorbei war, erkannte Törleß, dass sich da „unter dem Vorwand des Schmerzes“ etwas anderes gezeigt hatte (11/3 ff.). Der Erzähler erklärt uns, was vor sich gegangen ist: Die im Erwachen gewesene Seele hat sich in Törleß’ „Heimweh“ gezeigt (11/16 ff.). Damit ist das Thema des Romans von Anfang an klar bestimmt – wie auch klar ist, dass Törleß seine Entwicklung nicht versteht („Er hielt es für Heimweh…“, 10/12 ff.). Der Erzähler bewertet abschließend Törleß’ Heimweh-Erleben: der erste missglückte Versuch des jungen Menschen, „die Kräfte des Inneren zu entfalten“ (12/11 ff.), was auch seine Eltern nicht verstehen. – Törleß’ Schreibversuche (16/24 ff.) sind dagegen Aktionen des Gehirns; seine Seele ist zu dieser Zeit verloren gegangen (17/7 ff.).
Bald darauf, nach der Episode mit dem jungen Fürsten H. (12 – 14), wird die andere Komponente dieser Entwicklung benannt: die beginnende Geschlechtsreife (15/2 f.). Diese Komponente nimmt viel Platz in der Erzählung ein: Wiewohl Törleß sich an den sexuellen Pöbeleien seiner Kameraden auf dem Heimweg ins Konvikt nicht beteiligt (22/5 ff.), ist seine Seele „von wirklicher Schamlosigkeit gepeitscht“ (22/16). Als er später mit Beineberg allein im Café sitzt, stellt er sich seinen Kameraden nackt vor (27/18 ff.). Später gehen die beiden noch zur Dorfhure Bozena; der Erzähler berichtet, dass solche Besuche „in der letzten Zeit“ (40/16) für Törleß die einzige Freude geworden sind; die beizenden Reize der Frau locken ihn (41/6). In ihm steigt eine Kette hässlicher Gedanken auf (44/22 f.); er sättigt sich mit den Augen an der Bozena im Unterrock (45/17 ff.) und wird wohl auch gegen seinen Willen von ihr geküsst (49/10 ff.).
Zur Bedeutung der Bozena für Törleß sagt der Erzähler noch, dass sie zur Reifung des Jungen beiträgt (Keime frühzeitig an die Oberfläche gerissen, 42/4 ff.). Bozena erscheint ihm als Gegenbild seiner Mutter (44/26 ff.). Die Erinnerung an seine Eltern, die sich dann einstellt (46/13 ff.), lässt ihn „Liebe“ nur für junge einsame Menschen reklamieren, nicht für erwachsene wie seine Eltern bestimmt. Der Erzähler kommentiert diese Fehleinschätzung als einen der jugendlichen Irrtümer (46/34 ff.) und bringt ihn mit dem Zeiterleben Törleß’ zusammen (vgl. auch 18/19-21).
Das Gefühl oder die Stimmung, welche den heranreifenden Törleß bestimmen, sind die Einsamkeit (32/6 ff.) und Melancholie oder Gleichgültigkeit (20/8 ff.; 30/20; 32/10 ff.; vgl. 7/28 ff.). Dementsprechend sucht er eine Stütze (12/15-17), die er auch im Umgang mit dem Prinzen zeitweise findet (13/13 ff.).
Der Erzähler erklärt auch Gesetzmäßigkeiten der Entwicklung: dass junge Menschen in der Zeit des Übergangs in der schönen Literatur in illusorische Hilfe finden (15/21 ff.), welche im Konvikt aber fehlt. Törleß ahnt empfindsame Erkenntnisse, die seinem Alter noch nicht entsprechen (33/23 ff. im Kontext); seine Vorliebe für gewissen Stimmungen deutet seine spätere bedeutsame Entwicklung an (33/34 ff.).
Seine besondere Situation gegenüber den robusten Kameraden ist dadurch gekennzeichnet, dass ihm die Wildheit der Freunde nichts gibt (17/27 ff.), ihn vielmehr als einen geistig angelegten Menschen in einen Zustand innerer Hilflosigkeit versetzt (17/20 ff.).
Mehrfach wird indirekt eine Beziehung seiner Entwicklung zum Motto des Romans angedeutet: In seinem Heimweh „fühlte er etwas Auszeichnendes, Exklusives in sich“ (9/27 f.), als trüge er einen goldenen Schlüssel für ein Tor zu wunderbaren Gärten in sich (9/34 ff.). Auch das Bild vom Aufenthalt in einer besonderen Kapelle (10/33 ff. und 14/1 ff.) gehört in diesen Zusammenhang; das Versagen der Worte erlebt er, als sie an den Bauernhäusern vorbeigehen (23/8 ff.) und als er mit Beineberg über Religion spricht (29/25 ff.). Der Erzähler deutet an, dass diese Erfahrung in Törleß’ später sich zeigendem Talent des Staunens voll ausgebildet sein wird (34/1 ff.).

5. Skizze zur Zeitstruktur
Der Bericht von den Ereignissen des ersten Tages geht bis S. 69; in diesen Bericht sind auch die Vorgeschichte von vier Jahren und ein Vorgriff eingeschoben; dann wird der nächste Tag datiert (69/32). Es folgen die nächsten Tage (70/21), wobei Törleß einmal „heute“ den Brief liest (73/14). Es wird auch erzählt, was einmal während der Nacht geschieht (74/17). Wieder werden die nächsten Tage erwähnt (86/22), in denen sich auch Törleß‘ Erlebnis im Park abspielt (S. 87 ff.); am nächsten Tag kommen Beineberg und Reiting und vereinbaren mit ihm die erste Quälerei Basinis (93/30). Bis zu diesem Zeitpunkt mögen rund zwei Wochen vergangen sein.
Der Erzähler setzt dann unvermittelt ein, vom Einfall während des Mathematikunterrichts zu berichten (102/26). Er greift aber mit dem Hinweis auf die Aufmerksamkeit „während der letzten Tage“ (102/28) auf das Gespräch am ersten Tag zurück (30/31 f.); psychologisch könnte man eine Nähe zum Parkerlebnis (S. 93 ff.) für wahrscheinlich halten: einige Tage später. Am nächsten Tag besucht Törleß seinen Lehrer (105/19), am nächsten Tag beginnt er Kant zu lesen (113/5); am Abend hat er mehrere Träume (118/21). Am nächsten Tag macht er seinen Notizen (124/14 und 124/25).
Es folgt dann ein summarischer Bericht (bei Tage – in den Nächten, 131/16 und 132/13); diese Zeit mag eine Woche gedauert haben. Danach werden die vier freien Tage erwähnt, an denen die meisten wegfahren (133/25 ff.) und die mit dem Samstag beginnen; in der ersten Nacht trifft Törleß sich mit Basini in der Geheimkammer. Am Dienstagabend kommen dann die Zöglinge heim (153/27). Bis zu diesem Zeitpunkt sind rund vier Wochen vergangen; der Erzähler berichtet einmal, dass Törleß während „der wenigen Wochen“ (169/7 f.) fester und energischer geworden ist – und bis dahin vergeht noch eine nicht genau bestimmte Zeit bis zu einem Gespräch der drei Freunde, das nach Angabe des Erzählers „einige Tage später“ (163/1) vermutlich oder möglicherweise als der genannte Dienstagabend stattfindet – ein Zeitraum, der vorher summarisch gefüllt worden ist (häufig 154/1; des öfteren 154/7 – das kann innerhalb einer knappen Woche geschehen sein).
Von hier aus kann man die Ereignisse bis zum Verhör Törleß‘ durch die Konferenz genau datieren: In der zweitnächsten Nacht (169/14) wird Basini erneut gequält; am vierten Tag danach (174/34) bittet Basini Törleß um Hilfe. Am zweiten Tag danach lehnt Törleß es ab, an der weiteren Unterjochung Basinis teilzunehmen (179/29); in der Nacht steckt er Basini den Zettel mit dem Rat zu, sich dem Direktor zu stellen (184/1 ff.). Am nächsten Tag wird Basini von der Klasse gequält (184/17), am nächsten Morgen greift der Direktor ein (186/8 f.). Am nächsten Tag werden die Zöglinge einzeln verhört (188/18).
Das Ergebnis der Verhöre ist, dass Basini entlassen wird und dass der Direktor ebenso wie Törleß einen Brief an dessen Eltern schreibt (197/25); vermutlich wird er einige Tage später von seiner Mutter abgeholt, womit das erzählte Geschehen schließt (S. 199 f.).
Nach den Feiertagen vergehen also etwa zwei Wochen bis zum Ende des Geschehens. Einmal greift der Erzähler allerdings weit in die Zukunft vor, wie Törleß als junger Mann ist (158/16 ff.) und wie er „einmal“ seine Jugenderlebnisse selber beurteilt (160/7 ff.).

6. Überleitungen zum Ende (Berichte, Kommentare S. 154-162)
Mit Törleß‘ Erkenntnis, dass immer einfach kommt, was von fern so groß aussieht (151/1 ff.), ist eine gewisse Auflösung seiner Verwirrungen erreicht; diese werden aber dadurch noch einmal angefacht, dass er sich auf ein sexuelles Abenteuer mit Basini einlässt (S. 151 – 153).
Zunächst wird nun summarisch berichtet, dass Törleß sich häufig schämt und eine Art Zärtlichkeit für Basini empfindet; dass er diesem die Verstecke zeigt; was Beineberg und Reiting treiben und wie Törleß sich ihnen widersetzt (154/1-30); es folgt ein kurzer Kommentar zu Törleß‘ Anteilnahme an Basini (154/31-33).
Dann folgen Kommentare des Erzählers zur Eigenart von Törleß‘ Begehren (154/34 ff.): kein wirkliches Begehren, aber etwas wie Leidenschaft, jedoch nicht Liebe. In einem zweiten Kommentar wird der asexuelle Charakter dieser Faszination betont (155/12 ff.) und als die „melancholische Sinnlichkeit des Heranreifenden“ (155/24 f.) identifiziert; der Erzähler erklärt, wie es dazu gekommen ist und dass Törleß selbst das alles nicht versteht (bis 156/17); er vermeint wohl Liebe zu empfinden.
Anschließend deutet der Erzähler an, dass Törleß dieses Gefühl bald richtiger einzuschätzen lernt (156/19 ff.); der Erzähler berichtet summarisch, wie Törleß in seinen Gefühlen schwankt: zwischen Scham und vermeintlich einzigartigem Leiden (vgl. die Vergleiche 157/15f. und 17 ff.!) und anderseits namenlosen Gefühlen und einer „zu wilder verachtender Ausschweifung“ wachsender Lust (158/8 ff. – dazu passst jedoch nicht recht, dass ein paar Tage später sein Gefühl für Basini völlig erkaltet ist, 169/17 ff.). Als Zeichen der Unreife darf noch gelten, dass Törleß fragt, was die anderen wohl zu seinem Geheimnis sagen würden (157/3 ff.).
Dann greift der Erzähler auf den späteren jungen Mann Törleß vor, also den Zielpunkt der sich abspielenden Entwicklung (158/16 ff.); der ist eine schöngeistige Natur, dem schwüle und exzessive Regungen nicht schlimm, sondern Mittel des geistigen Genusses sind. Der Erzähler berichtet, was dieser Törleß später „einmal“ über diese Episode seiner Jugend gesagt hat (160/7 ff.): dass Leidenschaft und Erniedrigung etwas ist, durch das man notwendig hindurchgehen muss. Mit seiner eigenen Autorität wie mit der des gereiften Törleß zerstreut der Erzähler also mögliche moralische Bedenken seiner Zuhörer bzw. der Leser; danach braucht er die Verwirrungen nur noch zu einer vorläufigen Auflösung zu bringen.
In einigen summarischen Berichten, die mit einem Kommentar und einer Erklärung verbunden sind, leitet er dann zu letzten Phase des Geschehens über: der völligen Unterwerfung Basinis, die mit dessen Selbstanzeige und seiner Entlassung sowie Törleß Abschied endet.
Törleß‘ Situation ist also ambivalent, wie bereits oft erwähnt worden ist: Er ist noch nicht ganz von den Rätseln frei geworden, die ihn bedrängt haben (161/12); er versteht sich selbst auch noch nicht (161/13 f.). Diese letzte Bemerkung erklärt der Erzähler durch die Besonderheiten des Institus, in dem die Zöglinge leben (161/15 ff.: eingepferscht sein, „männliche“ Ideale, Mangel an Lebenskenntnis); diese Erklärung rechtfertigt das Urteil, dass Törleß „naiv in seine Vergehen hineingeraten“ ist (162/2 f.). Ferner, so erklärt der Erzähler, habe Törleß auch seine später so ausgeprägte „ethische Widerstandskraft“ gefehlt (162/4 ff.); er habe nur gewusst, dass er auf dem Wege in sein Inneres, also zum eigentlichen Ziel seiner Entwicklung, gewesen und dabei in die Sinnlichkeit hineingestolpert sei, was ihn jedoch mit Schuldbewusstsein erfüllt habe (162/12 ff.) – zu Unrecht, wie der vom Erzähler belehrte Leser weiß.
Dass Törleß stumm und etwas fester dahinlebte (162/27 ff.; vgl. „immer seltener“, 162/29), passt wiederum nicht recht zur nächsten Datierung, dass die drei Freunde sich „einige Tage später“ (163/1) treffen. Der Erzähler hat sich alle Mühe gegeben, zum nun folgenden Abschluss des Geschehens überzuleiten und die Verwirrungen des Zöglings Törleß moralisch milde beurteilen zu lassen, weil der, nichtsahnend auf seinem rechten Weg, unter dem Druck der Verhältnisse im Konvikt in allerlei Schwierigkeiten geraten ist.
Auf das Ende des Geschehens bereitet der Erzähler mehrfach dezent vor: Törleß ist fester und energischer geworden (169/8); sein Gefühl für Basini ist völlig erkaltet (169/17 ff.); er entfernt sich von der nächsten Quälerei Basinis und fühlt, dass „ein Abschluß“ (174/27) erreicht ist; mit Hilfe eines nun neu verstandenen Briefes seiner Eltern findet er die Lösung und trifft damit „die Entscheidung“: dass er Basini raten muss, sich dem Direktor zu stellen (183/9 ff.); im Gespräch mit den Lehrern fühlt Törleß als Mensch, dass er nun klar und siegesbewusst sprechen kann (193/28 ff.); die Lösung des Wechsels der seelischen Perspektive sieht er klar (198/33 ff.). Mit der sicheren Unterscheidung von Tag und Nacht (199/11 f.) hat er die einst ersehnte Sicherheit (58/1 ff.; vgl. S. 46 f.) gewonnen; er kann problemlos das Parfüm seiner Mutter riechen, also diese als Frau wahrnehmen (200/1 ff.), was ihm noch einige Wochen zuvor (S. 44 – 47) unmöglich gewesen war. Die Verwirrungen sind im Wesentlichen durchlebt und damit vorbei.

Aufgabe: die bildhafte Sprache des Erzählers exemplarisch (etwa 63/10 – 65/11; 122/4 – 123/34; 193/29 – 195/6; 198/5 – 199/28) untersuchen und auf die Problematik des Mottos beziehen; häufig kommen folgende Formen vor:
– Wie-Vergleiche („Die Nächte erschienen ihm wie dunkle Tore…“);
– Irreale Vergleiche mit Konj. II („Er empfand die Leidenschaft der Melodien wie Flügelschläge großer Vögel, als ob er die Linien fühlen könnte, die ihr Flug in seiner Seele zog.“);
– Genitivmetapher („Dornenkrone seiner Gewissensbisse“);
– Analysierender Genitivvergleich („Ich bin in der Aufregung eines Menschen, der einem Gelähmten die Worte von den verzerrungen des Mundes ablesen soll.“).

Aufgaben:
1. die thematisch unterschiedliche Bedeutung der Beziehungen des jungen Törleß zu Beineberg, Reiting und Basini untersuchen
http://www.reclam.de/detail/3-15-010582-X (Mobbing)
http://infos.aus-germanien.de/Mobbing_in_der_Schule
2. Welcher der Hauptfiguren kann man am ehesten in einer Rollenbiografie sich annähern?
http://209.85.135.104/search?q=cache: (ausführlich)
http://www.achimfessler.de/files_deutsch/files_d_08/rollenbio.htm (knapp)

Aufgaben:
1. die verschiedenen Umschreibungen der beiden Seiten des Lebens zusammenstellen und untersuchen (mit dem Zielpunkt in der Sicht des jungen Mannes Törles, 158/19 ff.); dazu die Erzählung „Kleine Lebensreise“ von Robert Musil heranziehen;
2. die Ergebnisse in eine Theorie der Subjektivität einordnen
http://www.staff.uni-mainz.de/metzinge/Texte/SMT-light.htm (Metzingers Theorie)
http://userpage.fu-berlin.de/~miles/Schuld.html (Schuld und Subjektivität)
http://www.copyriot.com/diskus/06-1/begehrtes_ich.htm (Identität, Begehren, Beziehungen)
Über Subjektivität und Perspektivenwechsel:
http://www.mediationsausbildung.com/papers/pdf_010207/k_perspektivwechsel.pdf
http://userpage.fu-berlin.de/~phin/phin1/p1t3.htm (zur Semantik von „fremd“)

Nach Karl Corino (Robert Musil. Leben und Werk in Bildern und Texten, 1988, S. 10) bildet der Törleß-Roman auf der pschologischen Ebene „den Zustand akuter Identitätsverwirrung“ ab, wie er für die Pubertät typisch sei.
Aufgabe: untersuchen, wie weit man den Roman mit den thematischen Stichworten „Identitätsverwirrung, Pubertät, Adoleszenz“ verstehen kann;

Aufgaben:
1. Beziehungen zu thematisch ähnlichen Romanen der Zeit nach 1900 (Hermann Hesse: Unterm Rad, 1905; Robert Walser: Jakob von Gunten, 1909) untersuchen
http://209.85.129.104/search?q=cache:Nxou-U7BTCEJ:www.germanistik.uni-freiburg.de/
von Hesses Roman könnte man am zweiten Kapitel untersuchen, wie dem gelehrigen Hans Giebenrath von unverständigen Lehrern die Kindheit gestohlen wird, woran er letztlich zerbricht; durch die Begegnung mit seinem genialisch-aufsässigen Freund Hermann Heilner (Selbstbild Hermann Hesses?) wird Hans aus der Bahn des ehrgeizigen Lernens geworfen und bricht zusammen (4. Kapitel, Anfang des 5. Kap.). Aus dem dritten Kapitel kann man noch den 2. Absatz sowie aus seinem 2. Unterkapitel den 1. Absatz („Am folgenden Tage …“) zum Vergleich heranziehen. – Die erotische Begegnung mit Emma (6. Kap.) und der folgende Liebeskummer (Anfang des 7. Kap.) sind nur eine (nicht wesentliche) Etappe auf seinem Weg in einen ungeklärten Tod. [Sein Vater Joseph wird vom Erzähler hämisch als Philister gezeichnet (1. Kapitel, die ersten drei Absätze); nur der pietistische Schuster Flaig und der genialische Jungdichter Heilner scheinen dem Erzähler ein lebenswertes Leben zu führen.]
http://de.wikipedia.org/wiki/Unterm_Rad
http://www.zum.de/Faecher/D/BW/gym/hesse/u_frame.htm
http://gabrieleweis.de/2-bldungsbits/literaturgeschichtsbits/thema%20jugend/reader-thema-jugend/15-hesse-unterm-rad.htm
Das Geschehen in Walsers leicht surrealem Roman ist nur schwer mit dem in Musils Roman zu vergleichen; man könnte des Ich-Erzählers Jakob „Lebenslauf“ (etwa am Ende des ersten Viertels des Romans) heranziehen und überlegen, ob Jakobs Weg mit dem von Törleß oder mit Hans Giebenrath vergleichbar ist. (Über Walsers Roman kann man sich kurz im KLL informieren.);(Perspektivenwechsel als Erkenntnisquelle – wie unterscheidet sich dieses Verständnis des „Perspektivenwechsels“ von dem des jungen Törleß?)(Schülerromane: Auswahlbibliografie);

2. den Adoleszenzroman vom klassischen Bildungsroman abgrenzen
http://www.uni-essen.de/literaturwissenschaft-aktiv/Vorlesungen/epik/bildungsroman.htm
http://de.wikipedia.org/wiki/Bildungsroman
http://www.fernuni-hagen.de/EUROL/termini/welcome.html?page=/EUROL/termini/9311.htm
Aufgabe: den Roman in die Literatur zwischen Naturalismus und Expressionismus einordnen
http://www.literaturwelt.com/ (-> Epochen -> Moderne klicken)
http://www.xlibris.de/Autoren/Klassiker/Literaturepochen.htm
http://www.lektueretipp.de/html/body_epochen_5.htmlhttp://www.ned.univie.ac.at/ (Literatur im Kontext, zur Jahrhundertwende – vgl. auch die Links oben unter 1. zum Symbolismus!)
http://web.uct.ac.za/depts/german/texts/toerless.htm („Törleß“ und Nietzsches Machtbegriff)

Aufgaben:
1. die Bedeutung des Romans für Lebensverständnis und -bewältigung heutiger Jugendlicher diskutieren; dabei den Auszug aus dem Entwurf eines Briefes Musils an M. di Gaspero (1907?) beachten:
„Um auf den T. zu kommen: das Buch ist nicht naturalistisch. Es gibt nicht Pubertätspsychologie wie viele andere, es ist symbolisch, es illustriert eine Idee. Um nicht mißverstanden zu werden, habe ich ein Wort von Maeterlinck, das ihr am nächsten kommt, vorangesetzt. Das Buch ist unmoralisch, weil diese besondere Form der Unmoral mir am geeignetsten schien, die Idee daran heraus zu arbeiten.“
http://www.nzz.ch/2005/12/24/li/articleDFCMZ.html (Pubertät)
http://www.ned.univie.ac.at/CMS/Brochueren/Von_Dik_Trom_bis_Meester_Max/Geteilte_Jugend/(Adoleszenzromane)
www.br-online.de/imperia/md/content/bayern/collegerad/ethik/127.pdf (Literaturwerkstatt: „Herzschmerz. Pubertät in Literatur, Kino und Fernsehen“)
2. untersuchen, wie die Identitätskrise in der Pubertät heute im Vergleich zur Darstellung im Roman erlebt wird;
„Identität“ und „Adoleszenz“ bei http://www.socioweb.de/lexikon/ und http://www.assoziations-blaster.de/ nachschlagen;
http://www.bpb.de/popup/popup_druckversion.html?guid=U0O261 (Jugend in D)
http://www.kybernaut.de/literaturinferno/seiten/identitaet.html
http://www.hr-online.de/website/specials/wissen/index.jsp?rubrik=6570&key=standard_document_12627716
http://www.seelische-krise.de/
http://www.familienhandbuch.de/cmain/f_Aktuelles/a_Kindliche_Entwicklung/s_599.html

Aufgaben (bei Interesse):
1. die Bedeutung dessen, in einer kasernierten Jungen- bzw. Männergemeinschaft zu leben, untersuchen
http://www.jungle-world.com/seiten/2005/20/5526.php (Analogie: Militär)
http://dictionaryofwar.org/de-dict/node/489 (Disziplin)
http://www.heilpaedagogischeforschung.de/ab0245.htm
2. die Auffassung diskutieren, im Roman sei erzählerisch warnend auf den Terror des Dritten Reichs vorgegriffen worden;
http://www.versalia.de/Rezension.Musil_Robert.65.html
3. Musils Erzählung „Die Affeninsel“ zum Vergleich heranziehen.

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Einen höchst ambitionierten, also eher unrealistischen Vorschlag einer Unterrichtsreihe hat Bernhard Großmann in der Reihe „Interpretationen Oldenbourg“ (3. Aufl. 1997, S. 98 ff.) vorgelegt: 14 Stunden für den Grundkurs, 22 Stunden für den Leistungskurs Deutsch.
Ich setze voraus, dass die gängigen Lektürehilfen (Königs Erläuterungen, Erläuterungen und Dokumente bei Reclam usw.) bekannt bzw. leicht zu beschaffen sind.
http://lernarchiv.bildung.hessen.de/archiv/sek_ii/deutsch/kurshalbjahre/13.1/grenzueberschreitungen_/musil_toerless/
Artikel im KLL (neu: Rolf Grimminger), von Schülern bearbeitet:
http://gabrieleweis.de/2-bldungsbits/literaturgeschichtsbits/
In der Reihe „Stationen der Literatur“ hat Heinrich Biermann 1986 „Text und Materialien“ zu Musils „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“ vorgelegt. Er verweist darin auf einzelne „Themenkreise“ in der Diskussion der Sekundärliteratur (S. 177 ff.):
* Die Krise der individuellen Entwicklung: Pubertät und Sexualität
* Die Krise der Wahrnehmung und der Erkenntnis: Sprachkrise und „anderer Zustand“
* Die Krise der Gesellschaft: Dorf und Internat als Spiegel der Gesellschaft
* Zusammenhänge zwischen individueller und gesellschaftlicher Krise
* Sprache und Struktur des „Törleß“
http://www.stauff.de/grundkursdeutsch/dateien/geheimerlehrplan/geheimerlehrplan.htm

Musil, Leben und Werk
(u.a.):
http://www.cpw-online.de/lemmata/musil_robert.htm (encarta)
http://www.spiegel.de/spiegelspecial/0,1518,274701,00.html (Besprechung zweier neuer Musil-Biografien)
http://www.zeit.de/2003/33/Sbib-Musil_33 (Besprechung „Törleß“ – problematisch!)
www.bgdv.be/gm58/Duhamel.pdf 341.pdf (Philosophische Grundlagen der österreichischen Literatur um 1900)

Weitere Verarbeitungen
(Film, Theater):
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/ („Törleß“ als Theaterstück – Vorbesprechung)
http://www.theaterkritiken-berlin.de/Regietheater/Zoegling%20Toerless.htm (Kritik dazu)
Film: Volker Schlöndorf: Der junge Törleß
http://www.kinematographie.de/HEFT50.HTM#KI (Besprechung des Schlöndorff-Films)

Zur Rezeption des Romans: https://kommunikativeslesen.com/2023/03/04/robert-musil-die-verwirrungen-des-zoeglings-toerless/

Anregungen zur Literaturdidaktik allgemein:
http://www.fachdidaktik-einecke.de/

Analysen zu Musils Erzählungen „Die Affeninsel, Das Fliegenpapier, Hasenkatastrophe“ und „Kleine Lebensreise“ findet man unter „Erzählungen“ bei http://www.bloghof.net/norberto42/

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Musil: Daten seiner Biografie bis zur Veröffentlichung des Romans
„Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“

Musil wurde am 6. November 1880 geboren; sein Vater war Ingenieur. Nach der Volksschule besuchte er bis 1892 die Realschule. In der Familie gab es auch mehrere Offiziere; zum Teil auch deshalb, weil er als Kind den Eltern zu eigenwillig war, wurde er 1892 auf auf die Militär-Unterrealschule Eisenstadt, 1894 bis 1897 auf die Militär-Oberrealschule Mährisch-Weißkirchen geschickt. Was er dort erlebte, bildet den Hintergrund des Romans „Die Verwirrungen des Zöglings Törleß“. So kann man in Erzherzog Heinrich das Vorbild der Figur „Fürst H.“, in Richard von Boyneburg-Lengsfeld das Vorbild der Figur „Beineberg“ und so weiter erkennen.

Vom 1. September bis 30. Dezember 1897 war Musil auf der technischen Militärakademie; ab Januar 1898 studierte er in Brünn Maschinenbau. Ein Schock war für ihn, als er im im Sommer 1898 seine Mutter im Strandbad am Wörthersee versehentlich nackt sah. Musil schrieb Verschiedenes, was aber nicht gedruckt wurde. Am 18. Juli 1901 legte er die 2. Ingenieurprüfung ab („sehr befähigt“). Seine Lebensgefährtin war 1901 – 1907 Hermine Dietz. Vom 1. 10. 1901 – 30. 11. 1902 diente er in der Armee als Einjährig-Freiwilliger; dann ging er als Praktikant zu Prof. Carl Bach, einem Fachmann für Materialprüfung, nach Stuttgart. „Ich war 22 Jahre alt, trotz meiner Jugend schon Ingenieur und fühlte mich in meinem Beruf unzufrieden. Jeden Abend um 1/2 9 besuchte mich eine Freundin, aus dem Büro kam ich aber schon um 6 nach Hause, Stuttgart, wo sich das abspielte, war mir fremd und unfreundlich, ich wollte meinen Beruf aufgeben und Philosophie studieren (was ich bald auch tat), drückte mich von meiner Arbeit, trieb philosophische Studien in meiner Arbeitszeit u am späten Nachmittag, wenn ich mich nicht mehr aufnahmefähig fühlte, langweilte ich mich. So geschah es, daß ich etwas zu schreiben begann, u. der Stoff, der gleichsam fertig dalag, war eben der der V. d. Z. T. Durch ihn und seine, wie man sagte, amoralische Behandlung erregte das Buch Aufsehen, u ich geriet in den Ruf eines ‚Erzählers‘.“ Das schrieb Musil 1932 in einem Entwurf für ein „Vermächtnis“ (Gesammelte Werke II. Hrsg. von Adolf Frisé, 1978, S. 954)

September 1903 zog Musil nach Berlin, wo er bis zum Frühjahr 1908 Philosophie und Psychologie studierte, mit Mathematik und Physik im Nebenfach. Nebenher machte er im Juni 1904 in Brünn als Externer die Abiturprüfung. Im Frühjahr 1905 war das Manuskript des Romans „Törleß“ fertig; mehrere Verlage lehnten den Roman jedoch ab. So wandte Musil sich an den berühmten Kritiker Alfred Kerr (1867 – 1948), der vom Roman begeistert war und vermutlich den Kontakt zum „Wiener Verlag“ herstellte, wo der Roman 1906 erschien.

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