Bechstein: Das klagende Lied – Analyse

Text:

http://www.1000-maerchen.de/fairyTale/605-das-klagende-lied.htm

http://www.zeno.org/Literatur/M/Bechstein,+Ludwig/M%C3%A4rchen/Neues+deutsches+M%C3%A4rchenbuch/Das+klagende+Lied (dito)

http://www.youtube.com/watch?v=YX0i40YxLk4 (Vertonung durch G. Mahler)

https://archive.org/stream/jstor-20649955/20649955#page/n1/mode/2up (Vorlage: W. Wackernagel: Sagen und Märchen aus dem Aargau, Nr. 3)

Bechstein hat eine Vorlage des Basler Germanisten Wilhelm Wackernagel dramatisch ausgebaut und in sein „Neues deutsches Märchenbuch“ (1856) übernommen.

Ausgangssituation:

Der König ist gestorben, er hinterlässt eine Tochter und einen jüngeren Sohn.

Geschehen 1:

  • Die Kinder streiten sich, wer von ihnen König werden soll.
  • Die Mutter bestimmt, dass derjenige König wird, der ein ganz bestimmtes Blümchen zuerst im Wald findet. (Aufgabe)
  • Das Mädchen findet die Blume, wartet auf den Bruder und schläft ein. (Erfolg)
  • Der Bruder ermordet und verscharrt sie, nimmt die Blume und wird König, als er mündig geworden ist. (Vergehen)

Geschehen 2:

  • Ein Hirtenknabe findet nach Jahren einen Knochen der Prinzessin, macht daraus eine Flöte und erzeugt so ein unendlich klagendes Lied: „O Hirte mein…“, in dem das Schicksal der Prinzessin ausgesprochen wird.
  • Ein Ritter, von dem Lied bewegt, kauft die Flöte.
  • Er spielt das Lied vor der alten Königin, die in Ohnmacht fällt und vom Ritter die Flöte erbittet; sie spielt das Lied immer wieder.
  • Auf einem Fest spielt sie, in Schwarz gekleidet, das Lied vor dem ganzen Hof.
  • Der König verliert die Krone, fällt vom Thron und stirbt; die Gäste fliehen. (Strafe)
  • Die Königin weint und betet neben dem sterbenden Sohn.
  • Um Mitternacht löscht sie die letzte Kerze und zerbricht die Flöte.

Dieses anrührende Märchen von der magisch-schicksalhaften Bestrafung des Mordes an der eigenen Schwester ist von Gustav Mahler vertont worden und wird wegen seiner dramatischen Qualität gelegentlich als Spiel aufgeführt. Solche Themen werden normalerweise in Balladen behandelt: Statt der sonst in Märchen dominierenden Struktur von Aufgabe/Bewährung/Belohnung, welche hier eine Art Vorgeschichte bildet, geht es um Vergehen/Bestrafung. Schicksalhaft und magisch ist dieses Geschehen, weil die aus einem Knochen der Ermordeten geschnitzte Flöte von selbst das Schicksalslied der Prinzessin hervorbringt, welches das Vergehen des Prinzen aufdeckt und von sich aus die Strafe bewirkt.

Ein verwandtes Märchen ist „Der singende Knochen“ der Brüder Grimm, wo ein Brudermord auf die gleiche Weise gerächt wird; ein ähnliches Schicksalslied singt auch das Vögelchen in Bechsteins Märchen „Der Wacholderbaum“.

 

http://www.maerchen.com/ludwig-bechstein.htm (Bechstein: Deutsches Märchenbuch, 1845)

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsches_M%C3%A4rchenbuch (Deutsches Märchenbuch, Ausgabe letzter Hand 1857)

http://www.zeno.org/Literatur/M/Bechstein,+Ludwig/M%C3%A4rchen/Deutsches+M%C3%A4rchenbuch (dito)

https://de.wikipedia.org/wiki/Neues_deutsches_M%C3%A4rchenbuch (Neues deutsches Märchenbuch, 1856)

http://www.zeno.org/Literatur/M/Bechstein,+Ludwig/M%C3%A4rchen/Neues+deutsches+M%C3%A4rchenbuch (dito)

(Ludwig Bechstein: Sämtliche Märchen. Mit Anmerkungen und einem Nachwort von Walter Scherf, 1976)

(Klaus Schmidt: Untersuchungen zu den Märchensammlungen von Ludwig Bechstein, 1935, Nachdruck 1984)

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